Entwicklung des karnevalistischen
Brauchtums in Duisburg:

Einleitung
"Woher der Brauch stammt und wo er zuerst ausgeübt wurde, zur Fastnacht einen Prinzen zu küren und ihn als Herrscher über alle Narren und Närrinnen zu stellen, das habe ich nicht herausfinden können, wenngleich mein Archiv vieles über alte Fastnachtssitten enthält". So schrieb Franz Bültjes, Journalist und Alterspräsident des HDK und führte weiter aus:
"Als aus der Fastnacht -, das war ursprünglich die Nacht vor Aschermittwoch, dem Beginn der 40-tägigen Fastenzeit - der Karneval wurde und dieser sogar hoffähig, da verwandelte sich der Hanswurst mit der Pritsche, der Harlekin mit der Schellenkappe in den Prinzen. Dieser Prinz hat an den tollen Tagen unumschränkte Herrscherge-walt. Seiner Tollität wird von allen Narren und Närrinnen gehuldigt, selbst die Behörden beugen sich ihm. Er selbst besucht die Sitzungen der Karnevalsgesellschaften mit seinem Gefolge und verteilt Orden. Im Rosenmontagszug aber thront er hoch auf prunkvollem Wagen und streut Blumen und Bonbons in die Menge.

Als man in Duisburg zum ersten Male mit einem Rosenmontagszug begann, da konnte man hören: Was soll das? Der Duisburger Karneval ist überhaupt nicht bodenständig, er hat keine Vergangenheit und damit auch kein Recht auf Gegenwart und Zukunft! Die so sprachen, kannten nicht die alte Geschichte der Stadt Duisburg und vergaßen, dass ja Köln, die Hochburg des rheinischen Karnevals, auch erst um Mitte des 19. Jahrhunderts Rosenmontagszüge aufstellte.

Immerhin kann man in Duisburg auf eine nunmehr fast 75-jährige Tradition zurückblicken, denn den ersten Rosenmontagszug erlebte man in Duisburg bereits im Jahre 1928."


Vastavent in Duisburg
Der Duisburger Karneval an sich ist natürlich sehr viel älter. Aus alten Stadtrechnungen vom Jahre 1377 erfährt man, dass damals schon "Vastavent" gefeiert wurde. Daran beteiligten sich nicht nur Rat und Ratsherren sehr ergiebig, sondern auch die Bürgerschaft.

Satdtrechnung von 1377
In der ersten deutsch geschriebenen Stadtrechnung
aus dem Jahre 1377 ist zu lesen, dass der Rat
zu Vastavent 4,5 Gulden verzehrte.

Im 18. und 19. Jahrhundert feierten unsere Ahnen auch Fastnacht, aber die spielte sich nur zu einem kleinen Teil auf der Straße ab, mit unbedeutenden Umzügen von Großen und Kleinen, die "En Wosch, en Wosch, en leckere Läwerwosch..." sangen und auf Stangen die erheischten Würste trugen.

Ein solcher Heischezug ging Rosenmontag von der Stadtmitte nach Verkoyen dem jetzigen Balkan-Hof in Huckingen.

Diese alte Tradition des "Wurstsammelns" hat nach ihrer Gründung die KG Südstern Serm im südlichsten Duisburger Stadtteil wieder aufleben lassen.

Träger des Karnevals waren zu dieser Zeit zunächst u. a. der Turnverein von 1848, die KBG "Constantia", die KBG "Union" und der KKV Seitenstraße, dessen damaliger Präses und Kaplan an St. Josef, der geistvolle Dichter und Schriftsteller Dr. August Wibbelt, der dem Karneval jede Unterstützung zuteil werden ließ.

Maskenball 1867
"NIE GEDACHT" hiess eine der vier Duisburger Karnevalsgesellschaften vor über 130 Jahren.
Für eine närrische Sitzung wurde - laut Anzeige in der "Rhein- und Ruhr-Zeitung" - eine
moderne Operette vorbereitet. Titel "Die Bürger des Lichts" oder
"Die Finsternis im Rathe der Gemeinde"

Die ersten Karnevalsgesellschaften werden in Duisburger Tageszeitungen in den Jahren 1867 und 1988 erwähnt. Darüber hinaus arrangieren sich in der Folgezeit innerhalb der Vereine Gruppen und Gemeinschaften für den Karneval, so feiert zur Karnevalszeit im Großenbaumer Schützenverein eine Gruppe unter dem Namen "Alle Mann an Bord".

Die Weiterentwicklung des Karnevals wurde durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen. Nachkriegszeit, Inflation und Besatzungszeit ließen eine Freude am Karneval nicht recht aufkommen.



Der erste Rosenmontagszug
Die Initiative althergebrachtes Brauchtum aufleben zu lassen, ging vom Marineverein "Graf Spee" aus. Es fand sich ein Kreis von Männern, der 1928 einen Rosenmontagszug organisierte.

Unter der Regentschaft Sr.Tollität Prinz Karneval Johannes 1. (Hans Neuhäuser) zog am 20. Februar der erste Rosenmontagszug durch Duisburg. Der Rosenmontagszug löste viel Freude aus. Freude vor allem beim Steueramt, denn die Vergnügungssteuer stieg in diesem Monat sprunghaft von 15000 auf 50000 Mark, die Straßenbahn verzeichnete 7000 Mark Mehreinnahmen gegenüber dem verkehrsreichsten Sonntag und bei den Metzgern und Bäckern waren die Läden restlos ausverkauft. Die Freude bei den Organisatoren war im nachhinein etwas getrübt, da man ein Minus zu verzeichnen hatte. Man fand keinen Weg zur Abdeckung der Schulden und stellte die Vorarbeiten für den nächsten Rosenmontagszug ein.

Dank Hochfelder Idealismus kam der Zug doch zustande, da Johann Bier, Präsident der Duisburger KG Weiß-Rot 1928, die einmal gesponnenen Fäden nicht abreissen ließ.

Prinzenwagen 1928
Der erste Duisburger Prinzenwagen im Jahre 1928

Die Initiative zur Durchführung des Rosenmontagszuges 1930 kam wieder aus Hochfeld. Hier hatte sich ein Elferrats-Komitee des Rosenmontagszuges gebildet. Aus diesem Elferratskomitee entwickelte sich die heutige Ehrengarde Blau-Weiß 1929.

In den Jahren 1931 bis 1934 verhinderte eine Wirtschaftskrise karnevalistische Aktivitäten. Die Umzüge fielen aus.

1935 wurde dann wieder ein bescheidener Anfang gemacht. Der Beginn des Zweiten Weltkrieges unterbrach die karnevalistischen Tätigkeiten im Jahre 1939 vollkommen.



Zaghafter Wiederbeginn
Nachdem sich die Karnevalsgesellschaften nach Ende des Zweiten Weltkrieges etabliert hatten, schlossen sie sich 1948 zum Hauptausschuss Niederrheinischer Karneval zusammen. Präsident wurde Harry Waldmann. Unter seiner Führung erwachte das karnevalistische Leben wieder in unserer Stadt. 1949 wurde der Straßenkarneval eingeführt, man machte eine Kappenfahrt, und 1950 wurde aus der Kappenfahrt wieder ein Rosenmontagszug. Organisator des Zuges war, wie schon in fünf Vorkriegsjahren Werner Brendow, der damalige Geschäftsführer des Duisburger Verkehrsvereins. Er war die graue Eminenz und der Finanzminister der sich den Kopf darüber zerbrach, in welcher Form und mit welchen Mitteln der Rosenmontagszug auf die Beine gestellt wurde. Im Jahre 1956 drängte er die Karnevalisten die Selbstverwaltung einzuführen.



Neuordnung des Karnevals
Der Hauptausschuss für den Niederrheinischen Karneval unter Harry Waldmann bzw. Dr. Heinz Wittler hatte den Charakter einer losen Vereinigung. Er war mehr oder weniger ein Provisorium.

Alt-Karnevalist Werner Brendow, der als der erfahrenste Berater galt, war der Meinung und Überzeugung, dass durch eine Neuordnung ein voll arbeitsfähiges Gremium zu schaffen sei, nachdem sich für ihn kein Nachfolger fand, der die Organisation für Prinzenkürung und Rosenmontagszug in Eigenverantwortung und mit Unterstützung des Verkehrsvereins übernahm.

Die Karnevalsgesellschaften waren gefordert, den Duisburger Karneval in Eigenverantwortung zu übernehmen.

Zu der Neuordnung gehörte die Eintragung ins Vereinsregister, wodurch klare Verantwortungen und Zuständigkeiten in bezug auf das bürgerliche Recht geschaffen wurden. Zwangsläufig damit verbunden war die Verabschiedung einer Satzung, nach der sich die Gestaltung des Vereinslebens zu ordnen hatte.

Rückblickend bleibt festzustellen, dass der Duisburger von jeher seinen Vastavent - Karneval - gefeiert hat. Diese Tatsache widerlegt die Thesen jener, die Gegenteiliges behaupten. Unterbrochen wurden diese Feiern nur durch "höhere Gewalt". Die Wiedergeburt dieser Feiern zu Karneval nach Verboten, Wirtschaftskrisen und Kriegen beweist die Bodenständigkeit des Karnevals in Duisburg.