Duisburg.
Der Straßenkarneval hat mit der Altweiber-Party am Güterbahnhof offiziell begonnen.
10.18 Uhr in Duisburg, Luft holen vor dem Sprung. Ein Teletubbie ext noch schnell das Bier. Keine Glasflaschen erlaubt im Festzelt am Duisburger Güterbahnhof, beim Altweiberball, beim Startschuss zum Straßenkarneval. Zigaretten und Joints übrigens auch nicht. Und kein Alkohol über 15 Volumenprozent.
Vor einem Jahr war Kritik laut geworden, weil es bei der Premiere nur geladene Gäste gab. Diesmal wurde der weitaus größte Teil der Plätze verkauft. Wer wollte, konnte sich beim HDK oder direkt bei den Stadt- werken für Karten bewerben. Die 600 Plätze im Steinhof waren schnell ausverkauft.
Kurzer Moment der Stille
Und der sorgt dafür, dass die Stimmung ziemlich schnell ziemlich gut ist. Bei „Leev Marie“ wird schon ordentlich mitgegrölt, der DJ weiß, was er tut. Und die meisten Besucher auch, denn wenn man die einfallslosen Spezialeinheitskostüme mal außen vor lässt, sind die Duisburger Narren ziemlich findig, was die Kostümierung angeht. Eine Herde Schafe hier, ein Schwarm düsterer Vögel dort, da vorn läuft eine Pommestüte. Hoch im Kurs und sicherlich der Heim-EM zu verdanken: diverse Rudi Völlers mit dickem Schnurrbart und prächtigem Vokuhila.
10.30 Uhr, Einmarsch der Ruhrpott-Guggis. Die machen gleich weiter mit sentimentalem Fußball-Patriotismus und blasen Major Tom, dem Publikum entlockt das ein verzücktes Jauchzen der Ekstase. Sogar die kürzesten Pausen zwischen zwei Songs können die Jecken nicht ohne Musik ertragen, da wird dann eben selbst gegrölt, und zwar der kleinste gemeinsame Nenner alkoholgeschwängerter Glückseligkeit: na klar, „Seven Nation Army“.
Schließlich schlägt die Uhr 11, zweimal gleich, und mit Pomp, circumstances und einer besonders auffälligen Krawatte marschiert Oberbürgermeister Sören Link auf die Bühne, dicht gefolgt von Prinz Holger II. Ein Glück, dass der Schlips ja eh schnell wegkommt, eine Möhne im Schafspelz schnibbelt ein wenig, und zack, ab das Ding. Und dann schweigt das Zelt, für einen kurzen Augenblick. Verwirrung, Irgendwie weiß keiner so richtig, wie es jetzt weitergeht, der DJ nicht, die Prinzengarde nicht, sogar Duisburgs Oberkarnevalist und begnadeter Schreihals Michael Jansen bleibt kurz stumm. Schon schön, denkt man sich, so ein sanfter Moment im rabiaten Karneval. Macht den Lärm danach irgendwie besonderer.
Und wo wir gerade beim Loben sind: Mit dem Sessionsmotto „Helau heißt willkommen“ hat der Hauptausschuss Duisburger Karneval (HDK) in diesem Jahr mal Abstand von Reimen auf Krampf genommen und einen Leitspruch mit Substanz und frei von Pathos vorgegeben.
Lob gebührt auch der Kinderprinzencrew um Prinzessin Mia I. und Prinz Phil II., die ihre Bühnenshow mit etlichen Songs, Choreografien und Moderationen wie alte Hasen abliefern. Da müssen sich Holger II. und sein Gefolge entsprechend ins Zeug legen, um mitzuhalten, zum Glück hat auch die „große“ Tollität ein Ass im Puffärmel: Pagin Käthe, die so souverän moderiert, als hätte sie nie etwas anderes getan.
12 Uhr, das offizielle Programm tröpfelt so langsam aus. Ja, ein paar Karnevalsvereine dürfen sich noch präsentieren, aber die Kostümierten im mittlerweile rappelvollen Zelt wenden sich mehr und mehr ihren jeweiligen Getränken zu. Der Altweiber-Donnerstag, der Straßenkarneval, er hat gerade erst begonnen. Und der Alkohol unter 15 Volumenprozent, der schmeckt schon wieder.
Fotos der Veranstaltung: Michael Söhring / HDK
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