Duisburger Rosenmontagszug blieb von Sturmtief verschont

Der Prinz kütt: Seine Tollität, Karnevalsprinz Kevin I., genoss mit seinem Hoftstaat hoch auf dem Festwagen das rollende Bad in der Menge.
Bericht Funke Medien NRW: Thomas Richter, Foto: Michael Dahlke


Duisburg.
Rosenmontagszug in Duisburg begann zwei Stunden später als geplant: Das erwies sich als kluge Entscheidung. Sogar die Sonne lachte närrisch.

Sturm „Bennet“ pustete zwischenzeitlich zwar in Orkanstärke, doch Duisburgs Narren trotzten dem Wetter- und Stimmungstief: Weil der Zug erst zwei Stunden später als geplant um 15.11 Uhr startete, waren die heftigsten Böen bereits weitergezogen. Sogar die Sonne erlaubte sich eine unangekündigte, aber höchst willkommene Stippvisite. So wurde der Rosenmontagszug entgegen aller Befürchtungen doch noch zu einem unvergesslichen Erlebnis. „Dieses Erlebnis bleibt für immer“, zog Karnevalsprinz Kevin I. sein persönliches Fazit. „Was für ein wunderbarer Tag!“

Dieser Satz hätte auch von den Helfern des Deutschen Roten Kreuzes stammen können. Denn auch das Helferteam, das mit Unterstützung der Malteser für die Versorgung von Verletzten im Zug und am Streckenrand verantwortlich war, hatte glücklicherweise kaum etwas zu tun. „Wir hatten nur zwei besondere Vorkommnisse“, sagte DRK-Einsatzleiter Kai Gottschalk-Usche. Zum einen sei eine Frau am Opernplatz kollabiert. Sie wurde vorsichtshalber in ein Krankenhaus gebracht. Das galt auch für einen jungen Mann, der offensichtlich zu viel Alkohol zu sich genommen hatte.

Und sonst? „Hatten wir nur kleinere Hilfeleistungen zu erledigen“, atmete Gottschalk-Usche erleichtert auf. Das reichte vom Versorgen von Schnittwunden mit Pflastern bis zum Verbinden von Knöcheln nach einem Sturz an der Borsteinkante. Insgesamt 70 Kräfte von DRK und den Maltesern waren am Rosenmontag in der City im Einsatz. Vier Kranken-, zwei Rettungs- und ein Notarztwagen standen bereit. „Das war für uns ein ebenso ruhiger wie erfolgreicher Einsatz“, bilanzierte Gottschalk-Usche.
Auch die Polizei zog ein erfreuliches erstes Fazit. „Wir hatten nur 13 Einsätze. Für einen Rosenmontagszug ist das nicht viel“, so Polizeisprecher Daniel Dabrowski. Es gab einige Beleidigungen und leichte Körperverletzungsdelikte. Zwei allzu forsch und renitent auftretende Narren landeten im Polizeigewahrsam – einer davon, weil er Widerstand gegen Polizeibeamte geleistet hatte. „Dem Mann wurde auch eine Blutprobe entnommen“, so Dabrowski. Eine endgültige Bilanz zu allen Karnevalszügen am Wochenende in Duisburg will die Polizei am Dienstag ziehen.

Fest steht laut Polizei aber bereits, dass diesmal weniger Besucher als in den Jahren zuvor am Streckenrand standen. „Nach Schätzungen der Kollgenen vor Ort haben rund 26.000 Jecken mitgefeiert“, so Dabrowski. Weil die Wettervorhersage für den eigentlichen Starttermin des Zuges um 13.11 Uhr den Höhepunkt der Schlechtwetterfront angekündigt hatte, entschieden sich die Zugplaner um HDK-Präsident Michael Jansen und Thomas Erlacher am Sonntag für eine zweistündige Verschiebung. „Das war der beste Einfall. So hatten wir alle traumhaftes Wetter“, sagte Prinz Kevin I. im Festzelt auf dem Gelände des künftigen Mercator-Quartiers. Und seine Stimme klang dabei hörbar heiser. Die vielen „Helau“-Rufe waren nicht spurlos an dem Prinzen vorübergegangen.

Ihr 100. jecker Frühling

Alter schützt vor Ausgelassenheit nicht: Else Durka war die mit Abstand älteste Zugteilnehmerin. Denn die Seniorin erlebt derzeit nicht nur gefühlt, sondern auch laut Personalausweis bereits ihren 100. jecken Frühling. Am 13. Januar hatte sie zur dreistelligen Zahl gerundet. Nun feierte sie lachend und ausgelassen an Bord des Festwagens der KG Grün-Rot Neudorf. Mit vollen Händen brachte sie Kamelle unters Narrenvolk. Dabei bewies die energiegeladene Dame eine erstaunlich ausdauernde Wurfkraft.

Fahnen im Wind

Wegen des stürmischen Windes sollten die Gruppen beim Umzug eigentlich auf Fahnen verzichten. Der Fanfarenchor Landsknechte wollte aber nicht komplett auf seine schwenkbaren Insignien verzichten: Die Fußgruppe ließ sie gekonnt durch die Lüfte sausen. Datenschutzgrundverordnung beschäftigt Jecken.

Minions mit Logenplatz

Als Minions hatten sich Ulla Greive und ihr Mann Hüseyin Tercan verkleidet. „Die Kostüme hat meine Tochter vor ein paar Jahren selbst gebastelt“, erzählt die Anwohnerin des Neudorfer Ludgeriplatzes. Vom Fenster ihrer Erdgeschosswohnung aus hatten alle Partygäste eine prima Sicht auf den Umzug. „Wir laden uns immer rund zehn Freunde ein und feiern hier zusammen den Rosenmontag“, berichtet Greive. Die Verschiebung um zwei Stunden nach hinten nahmen sie und ihre Festgesellschaft locker in Kauf. „Ist doch super, dass der Zug überhaupt stattfinden kann“, so Greive.

Weiße Pferde leuchten bunt

An der Spitze des Zuges marschierte eine Fußgruppe, die aufblasbare, weiße Pferde vor sich hertrug. Diese waren sogar von innen beleuchtet. Ihre ganze Pracht entfaltete die prall mit Luft gefüllte Huftier-Herde im Eisenbahntunnel an der Landfermannstraße. Denn dort wurde es kurz ein bisschen dunkel, so dass die kunterbunte Beleuchtung erst richtig zur Geltung kam und ein Lächeln ins Gesicht alter und junger Jecken zauberte.

Die Premiere für Frederike

In der Nähe des Tunnels am Silberpalais hatten auch Christian Woiczinski und sein Töchterchen Frederike (1) Position bezogen. Während der Herr Papa als Verkleidung auf eine schwarze Bergmannstracht setzte, trug der Nachwuchs bei seiner Rosenmontagszug-Premiere einen jener Ganzkörper-Tieranzüge, die sich gerade bei kühlerem Wetter als beliebte Überziehvariante bewährt haben. „Mein Onkel und einer meiner Großväter haben früher selbst im Bergbau malocht. Außerdem wollte ich noch einmal an das Ende des Steinkohlebergbaus im Dezember erinnern“, begründete der Neumühler Woiczinski seine textile Auswahl.

DJ in den Skilift-Kabinene

Die beiden Skilift-Kabinen an der Pizzeria „La Barca“ am Ludgeriplatz dienten diesmal nicht als Unterschlupf bei schlechtem Wetter für alle passionierten Nudelmampfer aus Neudorf. Nein, stattdessen hatte sich dort ein DJ samt Musikanalage eingenistet, der die Umgebung phonstark mit Karnevals- und sonstigen Stimmungshits aus der Konserve versorgte. So manches Pärchen wurde vom Rhythmus mitgerissen und ließ sich zu einem Tänzchen hinreißen. Das wärmte von innen. Denn trotz der Sonne, die sich am Nachmittag breit machte, blieb es kühl und frisch.

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